Shakespeares Komödie Was ihr wollt ist ein vielschichtiges Spiel mit Identitäten, Begehren, Verkleidung und gesellschaftlichen Rollen. Im Zentrum steht Viola, die nach einem Schiffbruch ihren Zwillingsbruder Sebastian verloren glaubt und sich – verkleidet als Mann namens Cesario – in den Dienst des Herzogs Orsino stellt. Orsino liebt die Gräfin Olivia, die sich wiederum in Cesario verliebt, ohne zu ahnen, dass dieser in Wahrheit eine Frau ist. Gleichzeitig empfindet Viola in ihrer Rolle als Cesario selbst Gefühle für Orsino. Diese Konstellation führt zu einem komplexen Verwirrspiel um Macht, Geschlecht, Begehren und Maskerade. Wer liebt wen und warum? Wer darf wen begehren? Und wer bestimmt, was „männlich“ oder „weiblich“ ist? Was empfinden wir, wenn wir uns als jemand anderes ausgeben? Welche Freiheiten entstehen dadurch und was schränkt uns ein?
Warum entscheidet sich Viola in Shakespeares Komödie Was ihr wollt als Mann an den Hof des Herzogs zu gehen? Diese zentrale Frage wollen wir in unserer inklusiven Inszenierung neu verhandeln. Denn die Anerkennung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt ist ein universelles Menschenrecht, sie gilt für alle. Dennoch zeigt sich, dass Menschen mit Behinderungserfahrungen deutlich erschwerten Zugang zu dieser Anerkennung und ihrer Verwirklichung haben.
Behinderung und Geschlechtsidentität sind zwei voneinander unabhängige, aber eng miteinander verflochtene soziale und rechtliche Kategorien. Menschen mit Behinderungen können jede Geschlechtsidentität haben, ebenso wie Menschen mit einer bestimmten Geschlechtsidentität mit oder ohne Behinderung leben können. Beide Kategorien bergen jedoch jeweils ein hohes Risiko für Diskriminierung und Ungleichbehandlung. Weiblichkeit und Behinderung sind gesellschaftlich oft doppelt marginalisierte Kategorien, die einer Norm der körperlichen, geschlechtlichen und sozialen „Richtigkeit“ gegenübergestellt werden. Deshalb ist es entscheidend, Sichtbarkeit zu schaffen und für ehrliche Repräsentation zu kämpfen. Nur so kann langfristig mehr Bewusstsein für die Vielfalt menschlicher Körper, Identitäten und Lebensentwürfe entstehen.